
Ganzheitliche Behandlung komplexer Bauchwandhernien
Wenn ein Fall das gesamte Spektrum der rekonstruktiven Bauchwandchirurgie verlangt
York Abdominal Wall Unit, UK - September 2024
Srinivas Chintapatla (Facharzt für Kolorektalchirurgie) und Tom Macleod (Facharzt für Plastische Chirurgie) führten gemeinsam an der York Abdominal Wall Unit eine Rekonstruktion der Bauchwand durch. Dabei kamen verschiedene Techniken zum Einsatz, einschließlich fasciotens®. Asim Abbas (Research Fellow für Bauchwandchirurgie) stellte freundlicherweise die folgende Falldarstellung zur Verfügung.
Präoperative Anmerkungen
- Der Patient
- Chirurgische Vorgeschichte
- Quality of Life
- Prehabilitation
- BTA
- PPP
Anamnese
Ein 62-jähriger Patient stellte sich mit einer komplexen, massiven, rezidivierenden Narbenhernie vor, die seine Lebensqualität erheblich beeinträchtigte.
Der Herniendefekt war ausgedehnt und umfasste eine große linksseitige Hernie (30 × 30 cm) sowie zusätzliche paraumbilikale und mediane Hernien.
Die Defekte erstreckten sich über die Regionen M2, M3, M4 und L gemäß der EHS-Klassifikation. Der Fall wurde als VHWG-Kategorie 2 eingestuft.

Umfangreiche Hernienoperationen in der Vorgeschichte
2015 - Primäre Versorgung einer rechtsseitigen Leistenhernie mittels Netzimplantation.
2016 - Versorgung epigastrischer und paraumbilikaler Hernien mit Sublay-Netz.
2019 - Explorative Laparotomie mit Dünndarmresektion aufgrund einer inkazerierten, rezidivierenden rechtsseitigen Leistenhernie.
2019 - Erneute Lichtenstein-Netzplastik bei rezidivierender Leistenhernie.

Ausgeprägte Einschränkung der Lebensqualität
Die York Abdominal Wall Unit untersucht fünf Bereiche:
- Körperbild:
Der Patient beschrieb ein stark beeinträchtigtes Körperbild mit Gefühlen von Unansehnlichkeit und Unbehagen. Aktivitäten wie Schwimmen wurden bewusst vermieden. - Psychische Gesundheit:
Die psychische Belastung war erheblich. Der Patient befand sich in medikamentöser Behandlung wegen Depressionen und berichtete, dass seine Erkrankung zur Trennung von seiner Ehefrau beigetragen habe. - Symptomatik & Funktion:
Es bestanden anhaltende Beschwerden im Hernienbereich, die zu einer Vermeidung körperlicher Tätigkeiten führten. - Berufliche Situation:
Der Patient äußerte einen deutlichen Mangel an Selbstvertrauen im Hinblick auf die Wiederaufnahme einer beruflichen Tätigkeit. - Zwischenmenschliche Beziehungen:
Besonders die sexuelle Beziehung zu seiner Ehefrau war durch die Erkrankung negativ beeinflusst.

Fitnessniveau steigern
Der Patient wog 124 kg bei einer Körpergröße von 1,75 m, entsprechend einem Body-Mass-Index (BMI) von 40,7. Die präoperative Risikobewertung mittels CeDAR-Score ergab eine geschätzte Komplikationswahrscheinlichkeit von 66 %.
Zur Optimierung des funktionellen Status vor dem Eingriff wurde der Patient in ein strukturiertes Prähabilitationsprogramm aufgenommen. Die York Abdominal Wall Unit bietet hierfür ein achtwöchiges „Prehab“-Programm an, das auf nachhaltige Verhaltensänderungen abzielt. Zu den Maßnahmen gehören:
- Reduktion der Portionsgrößen
- Tägliche Gehaktivitäten
- Kräftigungsübungen mit 3-kg-Hanteln
Dieser Flyer wurde dem Patienten mitgegeben.

Vorbehandlung mit BTA
Während der Prähabilitationsphase erlitt der Patient eine Episode eines Darmverschlusses. Eine CT-Untersuchung zeigte zu diesem Zeitpunkt eine signifikante Protrusion sowie eine funktionelle Störung der Bauchwand.
Zur Unterstützung der Bauchwandmobilisation wurden Botulinumtoxin-A-Injektionen (Dysport®) in die Bauchwandmuskulatur verabreicht. Der Darmverschluss löste sich im weiteren Verlauf, wobei unklar blieb, ob die Auflösung direkt auf die Injektionen zurückzuführen war.

Weiterführung der präoperativen Optimierung
Im Rahmen der weiteren präoperativen Vorbereitung wurde ein Vena-cava-filter (IVC-Filter) implantiert, um das thromboembolische Risiko zu minimieren.
Zudem wurde das Progressive Pneumo Peritoneum (PPP)-Protokoll der York Abdominal Wall Unit angewendet. Ziel war es, das intraabdominelle Volumen schrittweise zu erhöhen, um die Machbarkeit eines spannungsfreien Bauchwandverschlusses zu verbessern.

Intraoperatives Vorgehen
- Rives-Stoppa
- Anatomische Rekonstruktion
- Intraoperative Faszientraktion

Erweiterte Rives-Stoppa-Rekonstruktion
Das Operationsteam führte eine erweiterte Rives-Stoppa-Rekonstruktion durch. Der retrorektale Raum wurde mit einem Phasix-Mesh verstärkt, das aufgrund seiner langfristigen Haltbarkeit und Infektionsresistenz ausgewählt wurde. Das Netz wurde sorgfältig zugeschnitten, um den ausgedehnten Defekt vollständig abzudecken.

Erwägungen für IFT
Während des Verschlusses wurde besonderes Augenmerk auf eine spannungsfreie Annäherung der Mittellinie gelegt. Um jedoch die Dissektion zu minimieren und das Komplikationsrisiko zu reduzieren, entschied sich das Team für den Einsatz von fasciotens®. Dadurch konnte die vordere Rektusscheide effektiv mobilisiert werden, ohne eine Komponentenseparation durchführen zu müssen.

Kontrollierte Traktion während IFT
fasciotens® wurde eingesetzt, um eine kontrollierte Zugkraft von 14–18 kg auszuüben. Dadurch konnte die vordere Rektusscheide innerhalb von 30 Minuten schrittweise zusammengeführt werden.
Postoperative Ergebnisse
- Postoperativer Verlauf
- Quality of Life
- Zusammenfassung
Entlassung an Tag 5
Postoperativ zeigte der Patient eine gute Erholung und konnte am fünften Tag entlassen werden. Eine klinische Aufnahme drei Wochen nach dem Eingriff zeigt einen gut verheilten Bauch mit deutlicher Verbesserung der Kontur.

Verbesserte Lebensqualität im Alltag
Der Patient berichtete im Rahmen der Nachsorge über eine Verbesserung der Lebensqualität in sämtlichen Bereichen:
- Körperbild:
„Ich fühle mich jetzt großartig – mein Körper ist in besserer Form als seit Jahren.“ - Psychische Gesundheit:
Deutliche Verbesserung mit neuem Selbstvertrauen und einem Gefühl der Erneuerung. - Symptomatik:
Der Patient konnte wieder leichte Lasten heben und alltägliche Aktivitäten wie Gartenarbeit, Badminton und Schwimmen aufnehmen. - Berufliche Perspektive:
Er gewann neues Selbstvertrauen in Bezug auf die Rückkehr ins Berufsleben. - Zwischenmenschliche Beziehungen:
Besonders die Beziehung zu seiner Ehefrau und seinen Kindern habe sich deutlich verbessert. Die wiederhergestellte Intimität mit seiner Frau beschrieb er als eine der wichtigsten positiven Veränderungen.

Erfreuliche Behandlungsergebnisse
Dieser Fall unterstreicht die Wirksamkeit von fasciotens® zur Ermöglichung eines spannungsfreien Mittellinienverschlusses bei komplexen Hernien mit erheblichem Verlust der Bauchwanddomäne.
Durch den Einsatz des Geräts konnte auf eine Komponentenseparation verzichtet werden, was zu einem erfolgreichen operativen Ergebnis und einer deutlichen Verbesserung der Lebensqualität des Patienten führte.
Zudem hebt der Fall die Bedeutung eines ganzheitlichen Behandlungsansatzes hervor – einschließlich Prähabilitation und umfassender Lebensqualitätsbewertung – bei der Versorgung komplexer Bauchwandhernien.
Lesen Sie hier mehr über den Yorker Service zur Rekonstruktion der Bauchwand.

Srinivas Chintapatla fasst das beeindruckende Ergebnis zusammen.
Der leitende Chirurg, Srinivas Chintapatla, zeigt sich mit dem Ergebnis sehr zufrieden. Trotz der komplexen Vorgeschichte konnte der Patient nach der Bauchwandrekonstruktion unter Anwendung der intraoperativen Fasziendehnung mit fasciotens® wieder in ein normales Leben zurückkehren.
Chirurgisches Team

Srinivas Chintapatla
Facharzt für Chirurgie – York and Scarborough Teaching Hospital

Tom Macleod
Facharzt für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie – York and Scarborough Teaching Hospital
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